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Bericht des schweizer Teams aus Jimma

Seit nun gut 1,5 Monaten sind wir, Céline Kaiser und Falk Nessenius, im Rahmen des GoStar-Projektes in Jimma, Äthiopien, am Jimma University Medical Center tätig. Wir wurden freundlich von unseren äthiopischen Kollegen empfangen und haben unser Quartier im GoStar-Guesthouse bezogen, wo sich unsere Haushälterin Negat um unser kulinarisches Wohl kümmert.

Der Start für mich, Falk Nessenius, Oberarzt Chirurgie, im lokalen Krankenhaus war gut. Gleich am ersten Tag operierten wir den ersten Patienten. Die lokalen Gegebenheiten, vor allem betreffend Material im OP als auch Hygienestandards, waren jedoch schockierend für mich. Während in der Schweiz penibel auf die korrekte Einhaltung der Hygienemassnahmen geachtet wird, bekamen wir hier Assistenzärzte am OP-Tisch zu sehen, welche es mit der Sterilität nicht ganz so eng sahen. Auch die Materialien und Instrumente sind für Schweizer Verhältnisse undenkbar «steril» in Tücher eingewickelt. Entsprechend sind hierzulande auch hohe Infektionsraten nach den Operationen zu verzeichnen. Dies unter anderem auch auf Grund der hygienischen Bedingungen in unserer Station, wo sich acht Patienten ein Zimmer teilen. Die Betten sind alt, die Matratzen abgenutzt und dreckig. 50 Patienten teilen sich ein einziges WC. Als erstes haben wir uns daher das Ziel gesetzt, die hygienischen Massnahmen zu verbessern. Entsprechend haben wir OP-Personal und Assistenzärzte instruiert, wie sie die Schutzkleider korrekt tragen. Dem Pflegepersonal auf der Station wurde gezeigt, wie sie korrekt Wundverbände anlegen. Ein weiterer Meilenstein wird der Umzug in die neue Station im November diesen Jahres sein. Der Neubau verfügt über nahezu europäischen Ausbaustandard und lässt auf eine bessere Betreuung der Patienten hoffen.

Auch Céline startete voller Tatendrang ihre Arbeit als Physiotherapeutin. Ebenfalls zeigte sich hier grosser Verbesserungsbedarf. Hilfsmittel wie Krücken, Rollatoren und andere Übungs- und Hilfsmittel sind in einem zum Teil schrecklichen Zustand oder gar nicht vorhanden. Daher begann Céline eine erneute Zusammenarbeit mit dem eigenen Prothesenzentrum am Spital aufzubauen, wo nun neue Krücken und Gehhilfen für die Patienten zu erschwinglichen Preisen hergestellt werden sollten.
Das Patientengut hier in Jimma besteht zu einem grossen Teil aus Kindern und jungen Erwachsenen. Die häufigsten Verletzungsmuster sind offene Ober- und Unterschenkelbrüche nach Verkehrsunfällen sowie Verletzungen nach gewalttätigen Auseinandersetzungen. Hier sehen wir vor allem Machetenverletzungen, welche häufig Amputationen von Finger, Händen oder dem ganzen Unterarm zur Folge haben. Auch Schussverletzungen sind bei unseren Patienten leider keine Seltenheit. Bei Kindern sehen wir häufig Oberarmfrakturen nach Stürzen von Bäumen.
Die Patienten zeigen hier eine aussergewöhnliche Dankbarkeit für unsere Arbeit. Sie freuen sich über schnelle Hilfe und Wiederherstellung der Funktionalität der verletzten Extremität. Dies besonders, weil eine verletzte oder gar amputierte Extremität hier für den Betroffenen nicht nur eine ohnehin gravierende Behinderung darstellt, sondern den sozialen Ausschluss bedeuten kann. Die Betroffenen haben kaum eine Möglichkeit, weiterhin einer – hier zumeist handwerklichen – Tätigkeit nachzugehen. Ebenso werden viele von ihnen aufgrund ihres Handicaps keinen Ehepartner mehr finden.

Als erfreuliches Beispiel möchten wir hier den Fall der 27-jährigen Nabile erwähnen. Die Patientin zog sich vor 6 Monaten bei einem Autounfall einen Unterarmbruch zu, welcher in einem anderen Krankenhaus mittels Verplattung der Elle und Speiche behandelt wurde. Leider wurde gut fünf Monate später das Material viel zu früh entfernt. Der Knochen war noch nicht wieder verheilt und im Bereich des Bruches entwickelte sich eine – wie wir es nennen – Nonunion. Dies bedeutet, dass der Knochen an der Bruchstelle keinen stabilen Kontakt zwischen den einzelnen Fragmenten hat und somit mobil und beweglich ist, wie ein Gelenk. Dies bereitete der jungen Mutter erhebliche Schmerzen und schränkte sie entsprechend stark in ihrer Funktion als Mutter von drei Kleinkindern stark ein. Sie suchte daher unsere Hilfe auf und stellte sich in unserer Sprechstunde vor. Wir vereinbarten eine operative Korrektur mit Einpflanzung von Knochenmaterial in der Defektzone, welches bei der Patientin in der gleichen Operation vom Beckenkamm entnommen wird. Wir konnten den Eingriff am 12.08.2019 durchführen. Das Röntgenbild zeigt nun eine korrekte Wiederherstellung der beiden Unterarmknochen mit stabilisierender Überbrückung durch zwei Platten. Nach der Operation erfolgte bereits durch Céline die Beübung der nahegelegenen Gelenke durch Mobilisation sowie der Instruktion zur Selbsttherapie und korrekten Lagerung im Rahmen der täglichen Physiotherapie. Die Patientin zeigte sich äusserst zufrieden und dankbar und wird im weiteren Verlauf dank unserer Hilfe ihre Aufgaben als Mutter und Hausfrau wieder aufnehmen können. Dieser Fall ermutigt uns, unsere Arbeit hier trotz schwieriger Bedingungen fortzusetzen und Menschen zu helfen, die es nötig haben.

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